Menschliches Vergnügen vs. hündisches Wohlergehen

Ich bin jeden Tag auf Facebook in einigen Hundegruppen unterwegs. Was ich da mittlerweile schon gesehen habe, ist krass. Aber eine Steigerung gibt es dennoch immer – leider!

 

Zurzeit stolpere ich über auffallend viele Bilder und Videos, die von vielen Leuten mit Amüsement und Herzchen-Augen verfolgt werden. Nur wundere ich mich dabei, was daran lustig oder niedlich sein soll, wenn ein Kleinkind einen Hundekopf umarmt, dessen Ausdruck sehr deutlich sagt: „Lass mich in Ruhe!“? Ich befürworte es absolut, wenn Kinder schon früh Hunde und andere Tiere kennenlernen und den Umgang mit ihnen lernen dürfen. Jedoch sollten die Eltern und/oder die Hundehalter hierbei ein besonderes Augenmerk auch auf den Hund legen. Nicht jeder Hund kennt Kinder, nicht jeder Hund findet Kinder toll. Und kaum ein Hund mag es, wenn sein Kopf unter den Kinderarm geklemmt wird, und ihm zudem das Gesicht mit Kinderküssen bedeckt wird. Auch nicht kurz für ein Foto. Wenn der Hund anfängt, in so einer Situation zu beschwichtigen (Kopf abwenden, Ohren anlegen, züngeln, gähnen, hecheln, etc.) oder gar deutlichere Gesten zeigt (Lefzen kräuseln, Zähne zeigen, knurren, etc.), wird es allerhöchste Eisenbahn, ihn aus dieser Lage zu befreien. Es ist NICHT süß, wenn sich der Kopf des Kindes nur wenige Zentimeter neben einem drohenden Hund befindet und es wir NOCH unlustiger, wenn der Kopf des Kindes plötzlich im Maul des Hundes landet. Und nein, der Hund hat dann nicht „ohne Vorwarnung“ gebissen!

 

Ebenso unlustig ist es übrigens, Hunden Stresssituationen auszusetzen, nur damit der Mensch Bespaßung findet. Leute, es gibt tolle PC-Spiele. Vielleicht versucht ihr es damit, wenn euch sonst so langweilig ist. Ein Hund, der die Nackenhaare aufstellt, und kläfft und bellt, weil er von einem Plüschtier „angestarrt“ wird, ist nicht lustig. Es wird auch nicht witziger, wenn dann das Plüschtier plötzlich in Richtung des Hundes geschossen kommt und der Hund sich noch mehr aufregt. Das Ganze hat auch rein gar nichts mit Dominanz oder Territorialverhalten zu tun. Der Hund erleidet Stress. Möglicherweise hat er Angst, zumindest aber ist ihm die Situation unangenehm oder er kann sie nicht einschätzen. Muss man dem besten Freund des Menschen sowas antun?

  

Gerade in den heißen Wochen dieses Sommers (und davon gab es ja einige) kursierten auch Videos durchs Netz, in denen Hunde ins Wasser getragen wurden und nun fast panisch versuchten, sich wieder an Land zu retten. Und wenn sie das rettende Ufer fast erreichten, wurden sie entweder an der Leine wieder zurückgezogen, oder vom Besitzer direkt noch einmal weiter ins tiefere Wasser geschoben. Auf dass die Spiele von vorn beginnen. Akzeptiert es bitte, wenn euer Hund kein Wasser mag oder gar Angst davor hat. Nein, der Hund wird davon wahrscheinlich nicht sterben – vorausgesetzt, der Besitzer packt das Handy schnell genug weg, und rettet den Hund, sollte dieser aus Erschöpfung oder anderen Gründen plötzlich untergehen. Ein Trauma kann er aber dennoch erleiden, was seine Scheu vor Wasser sicher nicht mindern wird. Vom Vertrauensbruch zum Besitzer mal ganz abgesehen.

 

Ich könnte noch unzählige weitere Beispiele aufzählen: Hunde, die in ach-so-lustige Kostümchen gesteckt werden. Hunde, die sich der Besitzer in einer Babytasche um den Bauch schnallt. Hunde, die Ressourcen verteidigen, wild knurren und dabei ja nur belächelt werden – ein Chihuahua wird halt nicht ernst genommen. Hunde, die alles und jeden berammeln. Hunde, die vor lauter Bällchen-werfen hochdrehen und sich kaum noch einkriegen, typische Balljunkies. Hunde, die... – ich hör schon auf.

  

Ich verstehe es sogar, wenn Nicht-Hundehalter über so etwas vielleicht schmunzeln können. Sie können es nicht wissen. Als Hundehalter sollte man aber Hunde insoweit lesen können, dass man grob erkennt, was in dem Hund vorgeht. Wenn ihr solche Bilder und Videos seht, achtet auf die Körpersprache der Hunde. Achtet darauf, welche Signale der Hund sendet, wie der Hund sich fühlt, und entscheidet dann, ob ihr WIRKLICH darüber lachen könnt, ob es WIRKLICH süß ist.

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Kerstin (Sonntag, 27 November 2016 21:53)

    Ein wirklich sehr guter Artikel. Ich kann es auch nicht verstehen, wie man sich am Leid der Tiere so belustigen kann. Ein bisschen nachdenken hilft da schon mal, um so etwas in den vielen Videos und auf den Fotos zu erkennen.

  • #2

    Anna (Montag, 28 November 2016 10:07)

    Du sprichst mir so aus der Seele. Endlich mal ein Artikel, der das nicht alles verharmlost. Denn auch viele Hundehalter pfeifen drauf, wie der Hund sich dabei fühlt wenn er als Belustigungsobjekt benutzt wird.
    Danke!

  • #3

    Christiane Köhler (Dienstag, 29 November 2016 17:51)

    Der Artikel spricht mir aus der Seele. Den sollte sich manch einer zu Herzen nehmen. Jedes Tier ist eine Persönlichkeit die es zu respektieren gilt. Es sollte sich keiner auf deren Kosten belustigen .Im Netz Geistern genug sogenannte lustige Videos herum ,worüber ich gar nicht lachen kann.

 

Aktualisiert am:
07.09.2017